"Wo ist jemand, wenn er fällt, der nicht gern wieder aufstünde? Wo ist jemand, wenn er irregeht, der nicht gern wieder zurechtkäme?"
Jeremia 8,4
Jeremia 8,4
Als ich 11 Jahre alt war, lag ich mit Mittelohrentzündung im Bett. Die Mutter hatte es mir schön eingerichtet: Da war Orangensaft am Bett und ein Stapel Kinderromane zum Lesen. Und der Arzt kam alle zwei Tage vorbei und schaute nach dem Rechten. Trotzdem war mir so langweilig zumute. Sehnsüchtig schaute ich hinaus aus dem Fenster und beneidete alle anderen Kinder, die putzmunter auf der Straße spielten. Erst nach zehn Tagen durfte ich wieder hinaus.
Nach einer Woche „Lockdown“ in der Corona-Krise - also dem Herunterfahren aller nichtnotwendigen gesellschaftlichen Aktivitäten - fragen Menschen schon danach, wann denn das alles ende. Sehnsüchtig nach Leben. Die Politiker und Mediziner antworten, es müsse solange dauern, bis sich die Fallzahlen mit den Helferfähigkeiten des Gesundheitssystems die Waage hielten. Verständlich. Es muss solange dauern, bis am Ende des Tunnels das Licht aufscheint.
Menschen brauchen Hoffnung. Deswegen gehört zur Diagnose einer Krise auch die Perspektive auf Besserung. Ich lese jeden Tag zuerst die hoffnungsstärkenden Nachrichten und stelle mir vor, wie es sich anfühlt, wieder im normalen Leben zu sein. Mit Begegnungen, Gesprächen nicht nur auf Abstand, mit Berührung. Wann es das wohl wieder geben wird?