Der das Feuer der Gerechtigkeit hütet

Mon, 06 Jul 2020 08:46:49 +0000 von Karl-Otto Scholz

Böse Menschen scheinen oft mit ihrer Bosheit durchzukommen, denn das Rächen der Bosheit ist eine schwierige Sache. Es liegt nicht jedem. Am besten gleich mit gleicher Münze heimzahlen, wenn man etwas einstecken muss, denkt mancher. Aber dann verlässt ihn der Mut. Im Erleiden des Bösen wird auch eigene Schwäche offenbar. Wir wollen uns wohl rächen, aber wir können nicht. 

Herrische, boshafte Menschen beleidigen andere oder entwürdigen das, was diese geleistet haben. Aber soll man sich dauernd Machtkämpfe liefern, auf seinem Recht beharren, anderen ebensolche Schläge unter der Gürtellinie verpassen? Das Böse ist oft gepaart mit Dummheit. Mancher verzichtet darum auf eigene Rache, weil er nicht auf eine solche Stufe herabsinken will.

Sollen wir uns überhaupt rächen? Dies ist eine philosophische Frage nach dem, was denn das Böse aus der Welt bringen kann. In früherer Zeit hatte man das Strafprinzip, eine vergleichbare Strafe müsse auf die böse Tat folgen - Auge um Auge, Zahn um Zahn. 

Das Böse verliert jedoch nur dann seine Macht, wenn Täter ihre Taten einsehen und bereuen können. Dafür muss man alles tun. Diesen Grundsatz beherzigt das deutsche Strafrecht. Resozialisierung steht höher als jedes gesellschaftliche Interesse an Strafe und Rache.

Wenn die Täter ihre Taten aber nicht bereuen, oder ihre Taten in dem Furor einer Ideologie begehen, oder sich dem bösen Zeitgeist anpassen und unterwerfen, oder aus ihrer verdorbenen Seele nicht mehr herausfinden? Was dann? Dürfen die anderen zurückschlagen, auch um dem Bösen Einhalt zu gebieten?

Jesus jedenfalls hat ganz auf Gottes Eingreifen und seine Gerechtigkeit gesetzt. Gerühmt wurde der Nazarener für seine fast überirdische Stärke, sich eben nicht zu rächen. „Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, halte ihm auch die linke hin!“ - Er scheint gewusst zu haben: Das Böse vermehrt sich! Wir Heutigen fügen in Gedanken vielleicht hinzu: ... wie ein Virus. Das Böse ist ansteckend. Es vervielfältigt sich. Auch in der Rache.

Römer 12,17ff 
Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden. Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben (5. Mose 32,35): »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.« Vielmehr, »wenn deinen Feind hungert, so gib ihm zu essen; dürstet ihn, so gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln« (Sprüche 25,21-22). Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.

Paulus folgt ganz dem Vorbild Jesu und zitiert hier im Römerbrief ein Wort aus den Sprüchen Salomos. Feurige Kohlen sammeln - meine Assoziationen sind: Das Feuer auf dem Brandopferaltar im salomonischen Tempel. Die Feuerkohle, die den Propheten Jesaja reinigte, sodass er zum Jünger Gottes wurde. Das Feuer, das an Pfingsten vom Himmel die Christen ergriff. Für mich ist es ein heiliges Feuer, eine Energie, keine Erscheinung der Hölle. Dieses Feuer soll verwandeln und zurüsten, tote Beziehung zu neuem Leben erwecken.

Der gutmütige, besonnene Helfer in der Not, der nicht einmal den eigenen Feind dürsten und hungern lässt, ist also nicht der Ohnmächtige, sondern er ist der, der das Feuer hütet. Der von Gott ermächtigt ist. Das Böse wird davor zurückweichen. 
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