Ausblick auf Palmarum

Thu, 02 Apr 2020 10:39:02 +0000 von Karl-Otto Scholz

Wer schon jetzt einen Blick auf die Predigtlesung des Sonntags Palmarum werfen möchte:

Evangelium nach Markus 14. Kapitel:

3 Und als er in Betanien war im Hause Simons des Aussätzigen und saß zu Tisch, da kam eine Frau, die hatte ein Alabastergefäß mit unverfälschtem, kostbarem Nardenöl, und sie zerbrach das Gefäß und goss das Öl auf sein Haupt. 
Gedanke:
  • Jesus besucht einen Aussätzigen - diese Krankheit war bis in die Neuzeit unheilbar und führte zum Tod. Er lebt anscheinend ohne Angst und Gefühl für eigenes Risiko. Es heißt, der heilige Franziskus in Assisi habe es ihm gleichgemacht.
  • Eigentlich geziemte es sich in der Zeit Jesu für fromme Rabbiner nicht, diese Nähe einer Frau zuzulassen. Aber diese Frau in der Rolle einer Prophetin vollzieht das Ritual der messianischen Salbung Jesu zum König über Israel (*INRI=Jesus der Nazarener, König der Juden). Später wurde dies in der frühen Christenheit als vorweggenommene Begräbnissalbung verstanden (siehe Vers 8). 

4 Da wurden einige unwillig und sprachen untereinander: Was soll diese Vergeudung des Salböls? 5 Man hätte dieses Öl für mehr als dreihundert Silbergroschen verkaufen können und das Geld den Armen geben. Und sie fuhren sie an. 
Gedanke:
  • Die Gemeinschaft der Jünger (die frühe Kirche) war keine homogene, geeinte Gruppe. In ihr gab es allerlei Strömungen und Denkrichtungen. Wie auch in späteren Jahrhunderten prallen schon hier Pragmatiker auf Idealisten. Theologie muss immer einen Ausgleich schaffen.
  • Die so genannten "Unwilligen" wollten die Salbung der Frau nachträglich in Misskredit bringen. (Vermutlich verbergen sich darin frühkirchliche Machtkämpfe um eine Frau in bedeutsamer Position.)

6 Jesus aber sprach: Lasst sie! Was bekümmert ihr sie? Sie hat ein gutes Werk an mir getan. 7 Denn ihr habt allezeit Arme bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun; mich aber habt ihr nicht allezeit. 8 Sie hat getan, was sie konnte; sie hat meinen Leib im Voraus gesalbt zu meinem Begräbnis. 9 Wahrlich, ich sage euch: Wo das Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt, da wird man auch das sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie getan hat.
Gedanke:
  • Markus, der Evangelist, lässt Jesus Partei für die Frau ergreifen. In seiner Zeit im Jahre 70 nach Christus wurden Frauen schon aus den gemeindeprägenden Positionen zurückgedrängt. Die spätere männlich geleitete Amtskirche erhebt sich. An dieser Geschichte in einem Gastmahl in Betanien ahnt man, dass es einmal anders war unter den Jüngerinnen und Jüngern Jesu. 
  • Wichtig ist das Wort Jesu über die Armenpflege: Entweder Kirche lebt diakonisch oder sie ist nicht Kirche. Das "Wenn ihr wollt..." ist schon ein wenig ironisch gemeint.
  • Schon zur Zeit des Markus wurde das Evangelium von Jesus in der ganzen  Welt des römischen Imperiums (und die Grenzen waren wirklich gewaltig!) gepredigt. Also überall waren schon Gemeinden entstanden. Die hier namenlose "Frau" (Maria Magdalena?) war überall bekannt. Wie Markus hier erwähnt, war sie zu seiner Zeit eine sehr wichtige Person der Kirchengeschichte. Und da sie wichtig war, durfte sie in der "Salbung zu Betanien"  in der Rolle der Prophetin auftreten.

Weiterführende Impulse:
  • Markus hat in dieser Geschichte ein Stück Gerechtigkeit zwischen Männern und Frauen der ersten Kirche dargestellt. Entsprechen wir heute in unserer (Landes-) Kirche diesem Bild von Ecclesia?
  • Palmarum als Beginn der Karwoche zeigt Jesus als den König Israels und als den von Gott eingesetzten Heiland der Welt. Markus ist daran gelegen, ihn als den Messias darzustellen, der Arme und Kranke besucht und sich selbst aller äußeren Herrlichkeit entledigt. Dieser Heiland ist kein Gewaltherrscher sondern ein Liebender. Wie kann uns sein Vorbild motivieren?
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